Schweinedame Hermine genießt das Leben auf dem vom Bund Deutscher Tierfreunde betriebenen Gnadenhof in Weeze. Statt als Schnitzel zu enden, kann sie jetzt richtig die Sau rauslassen. Ihr neues glückliches Leben hat sie einer Gruppe tierlieber Schülerinnen zu verdanken. Und sie ist dabei nicht allein, auch Konrad freut sich seines Schweine-Lebens auf dem Gnadenhof. Zwei die Glück hatten und Millionen Artgenossen die leiden. Leiden, damit wir täglich frisches Fleisch auf den Teller haben. Ob dies richtig ist, muss jeder selbst für sich entscheiden. Allein in Deutschland werden schätzungsweise 150.000 Schweine täglich geschlachtet.
Wie brutal die Zustände in den Mastbetrieben sind zeigt das Schweinehochhaus in Maasdorf bei Halle in Sachsen-Anhalt. Lange galt es als Mythos. Das Rechercheteam des Deutschen Tierschutzbüros hat es gefunden und dokumentiert. Es ist jedoch nur die Spitze des Eisbergs der Zustände in vielen Mastbetrieben. In dem ehemaligen Prestigeobjekt des DDR-Regimes leben bis heute Schweine. Auf sechs Etagen werden rund 500 Hybrid-Sauen für die Vermehrungszucht gehalten, zehntausende von Ferkeln werden so geboren. Die Tiere werden zwischen den Etagen mit einem Fahrstuhl hin und her transportiert. Die unter industriellen Bedingungen produzierten Ferkel werden an Züchter und Mäster in ganz Deutschland verkauft.
Im Laufe seines Lebens isst jeder Deutsche durchschnittlich vier Rinder, 46 Schweine und 945 Hühner; hinzu kommen unzählige weitere Fische, Kaninchen, Puten oder Gänse. Jeder Tag ohne Fleischverzehr hilft, Tierleben zu retten. Wenn jeder in Deutschland nur einmal pro Woche kein Fleisch essen würde, könnten zudem rechnerisch mehr Treibhausgase eingespart werden, als wenn sechs Millionen Autos von der Straße entfernt würden. Klimaschutz mit Messer und Gabel. Jeder Tag ohne Fleisch hilft, Tierleben zu retten – auch vor der Qual durch Massentierhaltung und Tiertransporte.
Doch zurück zu Hermine. Sie verdankt ihr neues Leben einer Gruppe von 14-jährigen Mädchen, die die sieben Monate alte Hermine aus unzumutbaren Mast-Bedingungen retteten. Sie sparten ihr Geld zusammen und zahlten den Schlachtpreis als Ablöse. Sie lebte in einer Box, die kaum größer war als sie selbst, sie konnte sich gerade drehen. Auslauf bekam sie auch keinen. Der damalige „Pfleger“ ging unmöglich mit ihr um, zog sie an den Ohren oder schlug sie mit der Schippe ins Kreuz um sie vorwärts zu treiben.
Das konnten die Mädchen des Schulbauernhofs, die das Schweinchen von klein auf kannten, so nicht über sich oder vielmehr über Hermine ergehen lassen, taten sich zusammen plünderten ihre Spardosen und kauften Hermine frei. Und weil man sich nicht ohne weiteres ein großes deutsches Hausschwein in den Garten stellen kann, fragten sie auf dem Gnadenhof vom Bund Deutscher Tierfreunde in Weeze nach, ob Hermine dort ein neues Zuhause finden würde. Natürlich wurde Hermine im Januar aufgenommen.
„Soviel Eigeninitiative der Mädchen finde ich wirklich bewundernswert. Dass sich Kinder in diesem Alter schon mit solchen Dingen beschäftigen und so viel Bewusstsein entwickeln, hat mich sehr beeindruckt“, so Tierheimleiterin Beate Mühlenberg. Hemine ist im zarten Alter von sieben Monaten bereits 100 Kilo schwer. „Das ist völlig normal. Man darf nicht vergessen, dass sie ein Mastschwein ist, also eine extra schnell Gewicht zulegende Züchtung“, so die Tierexpertin vom Bund Deutscher Tierfreunde weiter. Zurzeit ist sie so groß wie ein ausgewachsener Schäferhund, doch wenn sie erst einmal ausgewachsen ist, wird sie an die 270 Kilogramm wiegen. Ein stolzes Gewicht, das bei der privaten Pflege auch ein wenig Aufmerksamkeit erfordert, da es die Gelenke
belastet. Aber mit einer ausgewogenen Ernährung und etwas Bewegung kann man das gut im Griff halten. Und Hemine bewegt sich gerne. Sie läuft an der Leine, macht Platz und lernt sehr schnell. „Zurzeit machen wir ein Klicker-Training mit ihr. Wir bringen ihr Kommandos bei und belohnen sie mit etwas Süßem. Dabei ertönt der Klicker als Verstärkung. Nach einer Zeit erkennt sie durch den Klicker, was sie gut gemacht hat. Schweine sind sehr intelligente Tiere“, erklärt Beate Mühlenberg.
Jetzt sucht die junge Schweinedame Hermine ein neues mastfreies Zuhause. Wer dafür in Frage kommt? Jeder, der aufs Schwein gekommen ist und wie George Clooney ein Herz für die liebenswerten Allesfresser hat. „Ich könnte mir auch sehr gut einen pädagogischen Hof vorstellen, wo autistische Kinder über den Umgang mit Tieren therapiert werden“, sagt die Tierheimleiterin, denn Hermine ist sehr zahm und von Ferkelbeinen an Kinder gewöhnt. „Sie würde sich bestimmt hervorragend in einen solchen Hof einpassen, denn sie liebt es, neue Dinge zu lernen und mag die Beschäftigung.“
Selbstverständlich kann man auch eine aktive oder passive Patenschaft oder eine Futterpatenschaft für sie übernehmen. Wer also helfen will, kann sich beim Bund Deutscher Tierfreunde in Kamp-Lintfort unter der Rufnummer 02842/9283213 melden.